Wise Guys
in Hamburg, Große Freiheit 36

Vorbemerkung an alle, die nicht zuviel wissen wollen, weil sie in Kürze selbst Konzertkarten haben: Lest diesen Bericht einfach nicht, ich nehme nämlich keine Rücksicht darauf und mache keine Geheimnisse aus den Neuigkeiten im Programm!

Als wir im Nieselregen an der Großen Freiheit ankommen, stehen knapp 20 Fans unter dem Dach vor dem Eingang und da Coco noch einen Schirm mitgenommen hat, bleiben wir für die Wartezeit alle trocken. Die Security lässt durch den rechten "Gang" Frauen und den linken "Gang" Männer rein. Wir sind relativ weit vorne mit dabei und freuen uns. Nach einigem Hin und Her bei der Taschenkontrolle (die Sicherheitsleute wollen mir gerne meine "Profikamera" abnehmen) landen wir schließlich in der ersten Reihe direkt vor den weißen Klebestreifen, die den Aktionsradius der Wise Guys zu dieser Seite hin festlegen.

Wise Guys in Hamburg

Etwa 20 Minuten vor Konzertbeginn geben wir den Sitzstreik auf und stellen uns direkt an die Bühnenkante. Für uns ist es total praktisch, dass die Wise Guys alle auf In-Ear-Monitoring umgesteigen sind, denn so versperren keine Monitorboxen mehr den Blick. Die vergleichsweise kleinen Boxen, die an der Bühnenkante liegen, sind klein genug, um darübergucken zu können. Pünktlich um 20 Uhr startet die Ansage, dass Handys uncool und Ton- und Videomitschnitte verboten sind. Wir bekommen allerdings nicht so viel davon mit, weil neben uns ein Kreislauf versagt.

Das Konzert beginnt mit Nils' Vorstellungslied "Moin". An unserem Standort ist der Klang ein wenig basslastig, aber die Textverständlichkeit ist gut. Das war in Essen im Dezember noch anders, da konnten wir Nils kaum verstehen.

Wise Guys in Hamburg

Es geht direkt ohne Moderation und mit rotem Licht weiter mit "Am Anfang". Die Party ist schon jetzt perfekt und die ersten tanzenden Zuhörer suchen einen Platz, um ihre Pullover und Halstücher abzulegen.

Als Dän seine erste Moderation des Abends beginnt, tönt aus der PA ein Fiepsen durch den Raum und Dän erklärt uns, dass er von den Technikern erfahren hat, dass Luftfeuchtigkeit den Klang beeinflusst. Ja, die Luftfeuchtigkeit ist schon jetzt recht hoch. Und die Luft selbst ist so fies, dass die Wise Guys eigentlich zwei Konzerte machen müssten, um eine solche Luft zu rechtfertigen. Das hochfrequente Fiepsen ist noch immer vorhanden, sodass Dän sich laut fragt, ob der Tontechniker des Abends Dr. Reinhard Klose das überhaupt hört. Schließlich ist dieser in einer Lebensphase angekommen, wo man hohe Frequenzen nicht mehr hört. Ob Reinhard ihn für diesen Spruch mit einem weiteren Fiepsen im Ohr bestraft, erfahren wir nicht, aber Dän verkündet, dass es heute einige Neuigkeiten geben wird. Von den sieben neuen Stücken im Programm mal abgesehen wird Sari zum ersten mal eine Liebesballade singen, die nicht lustig endet. Außerdem wollte Eddi schon immer mal mit Handsender singen und so hat er in einem Song die Bassstimme bekommen. Wir sollen nett zueinander sein, ermahnt Dän uns. Wenn einer grün anläuft, sollen wir ihn rausbringen. Klar, machen wir. Die Bühnenklamotten sind auch neu und wie immer nicht von den Wise Guys selbst ausgesucht worden, sondern von einer jungen Dame, die das studiert hat. Ich weiß ja nicht, welche Hochschule den Studiengang "Shoppen in Düsseldorf" anbietet, aber sie hat mindestens eine Vorlesung versäumt. Nils Hemd ist absolut nicht fotogen sondern lässt aus jeder Perspektive den gefürchteten Moirée-Effekt auftreten.

Wise Guys in Hamburg
Streifen, auf dem Hemd, die eigentlich gar nicht da sind

Die Wise Guys haben nach einem Begriff für ihre Musik gesucht. A cappella hieß es früher, aber unter a cappella können sich ja eh viele Menschen nichts vorstellen. Heute nennt man diese Art von Musik"vocal pop", deutsch: "Vokalpop" und wir haben Glück, dass sich dieser Begriff gegen "Oralmusik" durchgesetzt hat. Es sind ja auch Minderjährige im Publikum. Außerdem erzählt Dän von den Plänen für das nächste Jahr: Es sollen die Buddenbrooks vertont werden. Es folgt das Lied vom "Mann, der alles zweimal machte". Eddi erzählt uns darin die Lebensgeschichte dieses Mannes, der schon als Kind jedes Poster zweimal an der Wand hängen hatte und außerdem gleich zwei Lehrerinnen liebhatte, sodass er als Konsequenz natürlich zweimal sitzengeblieben ist. Noch ist dieses Lied ziemlich unbekannt. Es kann also niemand mitsingen und das Publikum konzentriert sich auf die Geschichte und lacht oder schmunzelt leise in sich hinein.

Die nächste Aufklärungsrunde seitens Dän folgt sofort: Wenn die Wise Guys ab und zu auf der Bühne ohne erkennbaren Grund breit grinsen, dann liegt das an ihren Knöpfen im Ohr. Darüber können sie sich nämlich gegenseitig lustige Sachen zuflüstern. Nils wird als "Nils aus Kiel" vorgestellt, doch Dän ergänzt sofort, dass er jetzt "Nils aus Köln" sei. Das sehen einige aus dem Norden aber anders und protestieren mit einem lauten: "Neeeeeeeiiiiiiiiiiin!" woraufhin Dän mit den Schultern zuckt und mit einem scheinbar gleichgültigen "Na gut, dann eben nicht" keine weitere Diskussion aufkommen lässt. Auf jeden Fall scheint die Schreibweise "Nils ohne e" in Köln nicht geläufig zu sein. Die Wise Guys sind schon dazu übergegangen, ihn "Nills" zu nennen.

Vermutlich denkt Nils sich in seiner Probezeit öfter mal "Es ist nicht immer leicht" ich zu sein. Während dieses Liedes merkt man zum ersten Mal sehr deutlich, dass durch Nils ganz neue Akzente in die Band kommen, die nicht nur musikalischer Natur sind. Sari wünscht sich ja in der erste Strophe blaue Augen und außerdem am Beginn der zweiten blonde Haare. An dieser Stelle tritt ein grinsender Nils einen halben Schritt von und zeigt auf sich, was mit fröhlichem Gelächter quittiert wird. Gegen Ende des Stückes parodiert Sari jeden seiner Kollegen und wir schmeißen uns dabei weg vor lachen.

Wise Guys in Hamburg  Wise Guys in Hamburg  Wise Guys in Hamburg
Sari parodiert erst Dän (auf Zehenspitzen), dann Ferenc und als dritten im Bunde Eddi...

Wise Guys in Hamburg  Wise Guys in Hamburg  Wise Guys in Hamburg
...um danach so richtig als Nils-Double abzuzappeln. Von wegen Welpenschutz!

Zum ersten Mal an diesem Abend hören wir aus dem Publikum: "Sari, ich will ein Kind von dir!", allerdings von einem Mann. Dän scheint ihn zu kennen und fragt nach dem Lied: "Hauke, warst du das?" um dann im Erklärbärtonfall ans Publikum gewandt fortzufahren: "Hauke will ein Kind von Sari." An dieser Stelle geht Dän aus gegebenem Anlass noch einmal explizit auf den Text des Liedes ein. Es heißt: "Während Angelina leNkt, mit einem N." Doch nicht nur bei sinnverändernden Buchstabenverschluckern, sondern gerade bei möchtegernbetrunkenen Teenagern ist das Lied wohl zur Hymne aufgestiegen und sie singen an der Supermarktkasse: "Es ist nicht immer leicht, DICHT zu sein."

Dän lobt Walde Zentner aus Wuppertal für das Licht des heutigen Abends und beginnt die Zuschauerbefragung. Seine erste Erklärung, wann wer aufzeigen soll, ist aber ein kleines bisschen zu kompliziert und er muss zusätzlich erklären, dass "Auditorium" nichts weiter als "Publikum" bedeutet. Die CD darf Eddi heute verlosen und er fordert dazu die Mutigen zu Stagedive auf. Es findet sich schnell ein Junge, der dann auch tatsächlich von der Bühne springt, vom Publikum ein Stück weit getragen und dann wieder abgesetzt wird.

Es folgt Nils' Bewerbungssong: "Angels" von Robbie Williams. Dän erklärt noch, dass Nils ja jetzt auch per Mail erreichbar sei. Er wird auf jede Mail ausführlich antworten, denn das steht so in seinem Vertrag. Angels wird von vielen vor allem weiblichen Zuhörern mitgesungen und demonstriert sehr schön, wie druckvoll Nils' Stimme sein kann.

Wise Guys in Hamburg
Nils während Angels

Dän erzählt, dass es Menschen gibt, bei denen man sofort hin und weg ist. In seinem Fall sind das meistens Frauen und von solchen Wesen handelt das nächste Stück: "Sonnenschein". Im Refrain gibt es diese Stelle, wo auf "wu uh" eine große Terz abwärts gesungen wird. Also z.B. hier: "...wo immer du bist scheint die Sonne rein - wu uh - du bist 'n Sonnenschein...". An diesen Stellen werden wir von der gesamten Band aufgefordert, den Einwurf kräftig mitzusingen und natürlich zeigen wir uns gehorsam.

Wise Guys in Hamburg
Dän bei Sonnenschein

Direkt danach starten die Wise Guys mit "Jetzt und hier" voll durch und das Publikum singt, klatscht und tanzt begeistert mit. Dass ich mir zu dem Lied keine weiteren Notizen gemacht habe, deutet schwer darauf hin, dass ich fröhlich mitgefeiert habe.

Wise Guys in Hamburg
Jetzt und hier

Es geht weiter mit dem angekündigten Countrysong für Ferenc, bei dem Eddi die Bassstimme singt. Dän holt zu seiner Moderation über alte Telefone aus und wir freuen uns schon diebisch darauf. Diesmal steht in meiner Nähe ein kleiner Junge, der sicht sicherlich nicht mehr an die Zeiten der Wählscheibentelefone erinnert. Besonders schön finde ich die Stellen: "Anrufen war damals ein ganz bewusster Vorgang" und "man konnte damit kein Foto machen, keine Musik aufnehmen aber dafür einen Nagel in die Wand schlagen". Allerdings muss ich etwas ergänzen: Neben grau und dunkelgrün gab es diese Telefone auch noch in einem dreckigen bordeauxrot. Und statt mit einer PIN oder einer Prepaidkarte wurden die Jugendlichen damals von den Eltern mit einem Schloss in der Wählscheibe am Telefonieren gehindert. Wobei es damals ein Schloß gewesen wäre und kein Schloss.

Zurück zum Konzert: "Mein neues Handy" wird von Ferenc in allen Facetten beschrieben. Es kann sowieso alles, was die heutigen Handys können, wie Ferenc seinem lachenden Publikum beschreibt. Außerdem ist es lernfähig und wird wohl in Kürze Ferenc' kompletten Haushalt schmeißen. Nur telefonieren kann man damit nicht, aber wer ein solches Handy hat, braucht auch keine Freunde. Der Klang mit Eddi als Bass ist völlig ungewohnt. Ich bin mir nichtmal sicher, ob ich bei einer Aufnahme davon direkt die Wise Guys erkannt hätte. Als Country würde ich den Stil nicht unbedingt bezeichnen, nach den Countryelementen mussten wir eher suchen. Und leider war auch die Textverständlichkeit nicht besonders doll. Dafür lassen uns einige Details der Choreographie beinahe Tränen lachen: Zunächst spielen Sari, Nils und Dän tanzende Boygroup und wenig später tanzt Sari zu Eddi und benutzt ihn gekonnt als Kontrabass. So betrachtet ist Eddi auf jeden Fall ein guter Bass, wobei der Sari ihm die überstehenden aufgerollten Saiten ruhig hätte stutzen können.

Wise Guys in Hamburg
Meine Damen und Herren: Die Boygroup

Wise Guys in Hamburg
verkehrte Welt: Eddi als Bass und Sari als Bassist

Eddi ist dran. Nicht mit Spülen sondern mit einer Moderation und es zieht ihn mal wieder in die Welt der Farben. Von dort aus macht er einen Schlenker zum dänischen Handynetz und erklärt uns, dass das folgende ein Stück über skandinavische Besonderheiten sei. Nils fegt über die Bühne und erzählt uns samt passenden kraftvollen Bewegungen in der ersten Strophe des Liedes davon, dass er sich ein komplettes Footballoutfit anzieht. Mit Schulterpads, Streifen im Gesicht und allem drum und dran.

Wise Guys in Hamburg
Nils malt sich schwarze Streifen ins Gesicht

Mir geht dabei spontan durch den Kopf, dass dieses Lied mit Clemens niemals funktioniert hätte. Clemens mit schwarzen Streifen im Gesicht und nem Oberkörperpanzer? Lächerlich! Aber auch Dän, der wohl eher als Clemens die Statur eines Footballspielers hat, wäre in der Rolle nicht so überzeugend gewesen, wie Nils. Ferenc ist hingegen zu ruhig für sowas, das kann einfach nur Nils. Meine Gedanken werden jedoch unterbrochen, als wir im ersten Refrain endlich erfahren, worum es überhaupt geht und dementsprechend lachend zusammenklappen: "Midsommarnacht bei IKEA". Die Choreografie ist eine Runde wildes von virtuellen Eikaufswagen begleitetes Gewusel, das aber trotzdem unfallfrei stattfindet und unser Gelächter noch zusätzlich anstachelt. Wie Nils ein BILLY-Regal von einem anderen Einkaufswagen mopst, möchte ich gerne mal live sehen. Und was er mit dem Puppenkleiderschrank will, bleibt uns auch verborgen. Wobei dieser Schrank am Ende wohl doch an das kleine Mädchen zurückgeht. Mittendrin gibt es noch wilde Gitarrensoli von Eddi und Nils, der sich dafür auf Knien auf den Boden schmeißt und an der Bühnenkante richtig abrockt.

Wise Guys in Hamburg
Luftgitarrensolo von Eddi

Wise Guys in Hamburg
Das Ende der Midsommarnacht bei IKEA
mit passender Beleuchtung in blau und gelb

Zum zehnten Lied der ersten Hälfte wird nichts angesagt, stattdessen beginnt Dän mit "Relativ" und wird dabei von Anfang an vom Publikum begleitet. Es ist eines von diesen Stücken, das in einer Tonlage komponiert ist, die Männlein wie Weiblein problemlos mitsingen können. Bei einem Sitzkonzert würde mich das vermutlich stören, aber hier finde ich es geil, nicht nur die Wise Guys von vorne sondern auch einen riesigen Chor von hinter mir zu hören. Wobei das auch daran liegen mag, dass in meiner Nähe niemand allzu schief singt.

Wise Guys in Hamburg
Dän macht ein relativ dummes Gesicht, während Sari relativ
interessiert Eddis relativ spannendes Trompetenspiel beobachtet.

Sari ist für die nächste Moderation verantwortlich und erklärt, dass nach dem nächsten Stück die Pause kommt, in der die Wise Guys sich gegenseitig auswringen, in Deo baden und trockene Klamotten anziehen. Ich freue mich schon darauf, ihn mit seinem unvergleichlichen Witz ein Lied ansagen zu hören, aber es ist dann doch "nur" der Hinweis auf das Hilfsprojekt Butterflies von Misereor, für das die Wise Guys Paten sind, weswegen bei allen Konzerten Spenden gesammelt werden. Vor dem Lied allerdings bekommen wir noch Dän im kölschen Dialekt zu hören, der Werbung für den Wise Guys Artikelstand im Stil des Stadionsprechers von Fortuna Köln macht. "Langsam" perlt entspannt über die Bühne und wir beobachten die Synchronität der Schritte und die herrliche Mimik der gehetzten Wise Guys, die Saris Aussage noch nicht kapiert haben. Beim Tanzen hört man die fünf an einigen Stellen Trampeln, aber da es natürlich im Takt ist, unterstreicht es den Charakter des Liedes, indem dieses Geräusch zumindest bei mir Assoziationen einer tickenden Standuhr hervorruft.

Wise Guys in Hamburg

Pause.

Die zweite Hälfte beginnt - wie gewohnt in schwarzen Anzügen - mit "Saris Liebesballade ohne lustiges Ende", die wohl in Wirklichkeit "Ich liebe sie dafür" heißt. Ich finde dieses Lied zu schön, um wie ein wildgewordenes Groupie zu kreischen und hoffe schon jetzt, dass es auf das 2010 erscheinende Album kommen wird. Allerdings macht es sich hier für uns wieder bemerkbar, dass wir zu nah an der Bassbox stehen, denn der Klang bei uns ist ziemlich basslastig. Aber das kommt davon, wenn man sich direkt neben die größten Boxen stellen muss. Der beste Sound ist eben da, wo das Tonpult steht.

Wise Guys in Hamburg
Ich liebe sie dafür - diese Ballade könnte ich immer wieder hören

Dän beginnt seine Moderation mit: "Wir haben in der Pause Luft reinlassen lassen", wofür wir ihm sehr dankbar sind. Es kommt ein Knackpunkt des Konzertes. Dän verweist auf das Forum der Wise Guys Website und erzählt von einem Beitrag, in dem es um "den Neuen" geht. Dort habe ein Mädel geschrieben, dass es sofort das Konzert verlassen wolle, wenn "der Neue" sich erdreisten sollte, ein Lied von Clemens zu singen. Die Wise Guys sind gesapnnt, ob sie heute Abend da ist. Außerdem ist das nächste Stück kein reiner Vokalpop, denn Ferenc spielt darin ein Instrument, das als "das Ei" bekannt ist. Nils' Interpretation von "Die ersten warmen Tage" lässt nichts vermissen. Er singt den Text locker erzählend und gut verständlich und ich stelle wieder einmal fest, dass die Wise Guys eine gute Wahl getroffen haben. Auch ohne Dieter Bohlen. Oder doch eher deswegen? Man merkt dem Publikum deutlich an, dass jetzt viele gespannt sind, wie Nils sich bei einem bekannten Stück schlägt. Zu Beginn singen nur vereinzelte Fans mit, während der Großteil zunächst nur lauscht, als müsse man sich erst ein Urteil bilden, bevor man es wieder wagt, mitzusingen. Zum Ende hin ist der Gesang aus dem Publikum deutlich lauter. Einen Kritikpunkt haben ich aber gefunden: Nils sollte noch dringend an seiner Zweithälftengürtelschnalle arbeiten. Diese ist eindeutig zu gewöhnlich so ohne Glitzerkram und die Gürtelschnallenfußstapfen, die er auszufüllen hat, sind bekanntlich sehr groß. Es bleibt außerdem anzumerken, dass die Frischluftzufuhr der Pause leider schon in diesem Lied ad absurdum geführt wird, denn von der Bühnenseite strömt Kunstnebel.

Wise Guys in Hamburg
Die ersten warmen Tage

Es folgt das Paradestück des Hamburger Publikums: "Wo der Pfeffer wächst". Dän überlässt uns das Singen der Hauptstimme und tobt wie ein Berserker über die Bühne. Nicht nur wir sind völlig begeistert, man merkt auch den Wise Guys an, wieviel Spaß es ihnen macht. Das Stück endet in einem Riesenjubel, bei dem ich mir das erste Mal Ohrstöpsel wünsche, weil er so infernalisch laut ist. Clemens habe zu diesem Stück einmal passend bemerkt, dass es doch absurd sei, wenn so viele hübsche Frauen und Mädchen einem entgegenbrüllen: "Ich wünsch dich an den Arsch der Welt!" und man sich darüber freut, berichtet Dän. Er hat Recht, aber ich würde ihn trotzdem auf diese Art jederzeit wieder an den Arsch der Welt wünschen.

Wise Guys in Hamburg

Im Publikum sind ja jede Menge junge Frauen unter 20. "Wir sind nun nicht mehr unter 20. Und wir sind auch keine Frauen mehr, " erklärt Dän ins Gelächter hinein. Drei von ihnen waren ja bekanntlich schon zusammen in einer Schulklasse, aber einer von diesen Dreien kommt bei den Mädels deutlich besser an. Es geht um Sari. Dän hat mal ein Mädel gefragt, woran das liegt und eine ernüchternde Antwort bekommen: "Er ist süß und er sieht jünger aus!" Der äußerliche Altersunterschied ist so frappierend, dass Sari beim Metzger eine Scheibe Fleischwurst geschenkt bekommt. Wie er das macht erzählt Sari als amerikanischer Fitnesscoach in "Quäl dich fit". Wie Dän es vorausgesagt hat flippen die Mädels besonders in den vorderen Reihen aus während Sari Alkohol, Süßigkeiten und zu guter Letzt die Wise Guys verbietet. Zwei brüllen sogar synchron ein eindeutiges Angebot auf die Bühne. Eddi verdreht diesen Zwischenruf zu Gunsten eines weiteren Lachers und berichtet, vorne habe es geklungen, als hätten die zwei Mädels "Sari, ich bin ein Kind von dir" gerufen.

Wise Guys in Hamburg

Das folgende ruhige Lied wird von Dän interpretiert und handelt von Flugangst. Ich vermute, dass es "Im Flugzeug" heißt, lasse mich da aber gerne eines Besseren belehren. Dän beschreibt darin einen Flug mit allem was dazugehört, man kann schließlich von fast jedem Flugdetail ins Schwitzen geraten. Wenn man schon nicht bei einem Flugzeugabsturz stirbt, dann bringt das bescheidene Hähnchenschnitzel einen halt um.

Wäre im Flugzeug plötzlich Gasgeruch feststellbar gewesen, hätte möglicherweise jemand "Hier fliegt gleich alles in die Luft" gebrüllt. Da auf dem Flug aber alles problemlos über die Bühne gegangen ist, toben jetzt fünf Wise Guys zu diesem Lied über die Bretter und leben ihren Hang für Actionfilme aus. Eigentlich dürfte ich schon so viele schöne Bilder gemacht haben, dass ich es kurzerhand riskiere, ohne durch den Sucher zu gucken zu fotografieren. Nach dem Lied ist Dän völlig außer Atmen und schwärmt von alten Zeiten, denn rennen und singen gleichzeitig ist ganz schön anstrengend. Früher hatten die Wise Guys es da einfacher. Sie konnten sich einfach in eine Reihe stellen, die Arme hängen lassen und "Mein kleiner grüner Kaktus" singen.

Wise Guys in Hamburg

Es wird wieder Zeit für ein auf Ferenc zugeschnittenes Lied. Angeblich hat erst ein Hamburger Dän auf die Idee gebracht, Ferenc ein Seemannslied zu schreiben. Wir amüsieren uns mal wieder königlich über den "Seemann", der als Kapitän einer Rheinautofähre Dienst schiebt. Auch hier haben sich neue Details eingeschlichen. An der Stelle, an der Ferenc vom Wind in den Haaren singt, tritt Nils einen Schritt vor und schaut überrascht zu Ferenc' Kopf.

Wise Guys in Hamburg

Die zweite Runde Salutieren nach dem Seemann gibt es nicht mehr, es folgt auch keine Moderation sondern direkt "Sing mal wieder". Was soll ich dazu schreiben? Eddi hat das Publikum wie immer in der Hand und ich warte darauf, dass auch er den Sprung ins Publikum wagt. Macht er leider nicht. Vielleicht würde dann eine böse Rückkopplung den Musikgenuss zunichte machen? Dafür darf Sari jetzt als durchgeknallter DJ die Turntables drehen. Er macht das super und wir freuen uns natürlich über dieses neue Detail. Der Jubel am Ende des Liedes ist ohrenbetäubend. Wir stehen klatschend und jubelnd vor der Bühne und die Wise Guys klatschend und strahlend auf der Bühne.

Wise Guys in Hamburg
"Sing mal wieder" lässt Eddi die Bodenhaftung verlieren

Dän will das letzte Lied des Abends ansagen, aber nach unserem lauten Protest schwenkt er wie immer auf "das letzte Stück im regulären Programm" um. Vorher jedoch bedankt er sich bei allen, die für das Konzert gearbeitet haben. Die Techniker des heutigen Abends sind Tourmanager und LKW-Fahrer Christoph Winkel, Dr. Reinhard Klose für den Ton, Systemtechniker Erik Neubert und Walde Zentner am Licht. Am 28. November sind die Wise Guys wieder in Hamburg, diesmal für ein Sitzkonzert im CCH. Und falls das Konzert ausverkauft werden sollte, wollen sie auch am 29. November in Hamburg singen. Und dann muss ja noch geklärt werden, wie langweilig die kommende Nacht wird: "Wer Lust hat, unseren neuen Mann zu stalken, er wohnt in Zimmer 204..."

Das letzte Lied des regulären Programms ist "Schiller". Eddi stellt Schillers Literatur als ultimativen Horror dar und bringt den perfekten Moonwalk auf die Bühne, während seine Kollegen mit zu Klauen angespannten Händen als Zombies über die Bühne staksen. Man braucht bei einem Wise Guys Konzert nach wie vor keinen Gehörschutz wegen der Musik, aber gegen das ausrastende Publikum würden ein paar Oropax sicherlich gut tun. Applaus, Verbeugung, Applaus, Abgang.

Wise Guys in Hamburg

Dän hatte in seiner Abschlussmoderation ja schon den Wink mit dem Zaunpfahl gegeben, also fordern wir selbstverständlich eine Zugabe und sind gespannt, welche Programmänderungen es in den Zugaben gegeben hat. Kann Nils Mouthpercussion? Die erste Zugabe ist sofort "Jetzt ist Sommer" und die Antwort auf meine Mouthpercussionfrage ein klares "Jein". Nils kommt mit einem Handsender in der Hand auf die Bühne, und wir hören den gleichen Anfang, wie sonst auch. Aber es kommen nicht alle Percussiontöne von Nils, wobei das anfängliche dmm dmm ganz sicher von ihm gesungen wird. Hm, ich werde wohl mal fragen müssen. Egal, die fünf auf der Bühne machen Party, das Publikum macht Party, ich mach mit. Nach dem Lied gehen die Wise Guys erneut von der Bühne ab, werden von uns aber erneut zurückgebrüllt. Ein Teil des Publikums fordert den Ohrwurm, ein anderer Teil brüllt tapfer "Zugabe! Zugabe!" dagegen an.

Wise Guys in Hamburg

Die Wise Guys kommen zurück und wir rätseln, was die zweite Zugabe sein könnte. Dän gibt das Tempo an, aber erst als er anfängt zu summen, geht ein Raunen durchs Publikum: "Radio". Das Publikum singt wieder das gesamte Lied mit und genießt gleichzeitig die Stimmung. Ich finde immer diesen klanglichen Umbruch zwischen Strophe und Refrain schön, denn die Frauen müssen den Refrain in einer tieferen Lage singen. Auch nach Radio verlassen die Wise Guys die Bühne, allerdings bleibt Nils schon nach zwei Schritten stehen und dreht sich wieder um.

Der Anteil der Ohrwurm-Sänger wird langsam größer, doch ich hoffe sehr, dass dieses Lied endgültig der Vergangenheit angehört. Als weitere Zugabe singen die Wise Guys "Ruf doch mal an" und gönnen uns damit zum letzten Mal eine richtig heftige Party. Selbst in diesem Stück sind noch kleine neue Details eingebaut: Es gibt plötzlich drei Luftgitarristen, die über die Bühne springen. Nach dem Stück kommen wieder Applaus, Verbeugung, Abgang winkender Wise Guys, Musik an.

Wise Guys in Hamburg
das Kölner Luftgitarrentrio in action

Damit müsste das Konzert eigentlich sein Ende erreicht haben, aber das insteressiert uns gar nicht. Wir brüllen eifrig weiter nach einer Zugabe und haben tatsächlich Erfolg. Die fünf stellen sich auf kompletter Breite verteilt in eine Reihe und fangen an zu zählen: Eins, zwei, eins zwei drei, alle meine alle meine alle meine alle meine alle meine alle meine alle meine alle meine alle meine alle meine alle meine alle meine Entchen. "Tekkno". Torben freut sich, denn er hatte sich insgeheim den Tekkno gewünscht. Nach dieser diemals wirklich letzten Zugabe gibt das Publikum allerdings noch immer keine Ruhe. Schließlich kommt Eddi nochmal auf die Bühne raus, um uns zu sagen, dass sie tatsächlich nichts mehr singen werden. Er bekommt trotzdem die Welle, die er provoziert.

Und so geht ein wunderbares Konzert zu Ende, das die Frage beantwortet, ob Nils ein würdiger Nachfolger für Clemens ist. Unsere Meinung steht fest, und deshalb haben wir für das Konzert im CCH schon die Karten für die erste Reihe gekauft. Wir freuen uns drauf! Wer kommt mit?

 

 



[nach oben]